Ich weiß, ich habe versprochen, mich hier ab jetzt
der Literatur zu widmen, aber das muss an dieser Stelle einfach gesagt werden,
um meiner Meinung auch mal freien Lauf zu lassen!
Berlin – Hellersdorf. Eine alte Schule, umgenutzt,
jetzt ein Asylantenheim für der Heimat entflohene. Menschen aller Herren Länder
können Zuflucht erhalten. Sie kommen her, um von den fatalen Geschehnissen, die
in ihrer Heimat vonstatten gehen, zu entfliehen. Fliehen in ein Land, das
vermeintlich friedlich und offen wirkt, doch vor der Tür lagern Demonstranten.
Sie protestieren dagegen, dass „Ausländer“ (ich entwickle immer mehr eine
Abneigung gegen das Wort, ihm klingt manchmal diese Wertung an, die mir ehrlich
gesagt sehr zuwider ist) sich hier in Deutschland mitten unter ihnen, in der
Nachbarschaft niederzulassen und unter ganz normalen, friedlichen Umständen zu
leben. Und das soll ihnen natürlich verwehrt werden, weil die Angst besteht,
dass DIESE Asylanten zu Gewalt neigen und sich dann an ihren friedliebenden
Nachbarn und ihren Kindern vergehen
werden. Angeleiert wird das dann auch noch durch die rechte Szene, die es
natürlich für ihre Parolen ausnutzt – sehe ich persönlich nicht ganz so.
Sicherlich springt der deutsche Minimalgeist gerne auf nett formulierte Sprüche
rein, aber nicht nur, sie sind zum Teil einfach nur zu eingeschränkt in ihrem
Denken, um zu erkennen, was es eigentlich für den Menschen bedeutet, der in ein
Land zurückkehren muss, das sich von Terror und Bürgerkrieg in den nächsten
Monaten nicht mehr erholen wird. Zum Glück stehen diesen Demonstranten noch „Willkommenheißer“
gegenüber, die sich deutlich für die Asylanten aussprechen und ihnen zeigen,
dass nicht alle in diesem Staat sie vertreiben wollen. Mit Schildern und
Parolen versuchen sie den Vertreibern zu zeigen, dass die mit ihrer Einstellung
tunlichst hinterm Berg halten sollen, die hilft hier nämlich niemanden. Das
einzige, was sie zeigt, scheint zu sein, dass auf Deutschland nur bedingt
Verlass ist, was Versprechen betrifft.
Leute, mal Hand aufs Herz: Habt ihr euch jemals
Gedanken gemacht, wie es ist aus der eigenen Heimat fliehen zu müssen, weil
weder die Familie noch man selber in Sicherheit ist? Wahrscheinlich nur
diejenigen unter euch, die wirklich geflohen sind, und jetzt in Deutschland wohnen.
Seien wir doch mal ehrlich, keiner von uns kann sich noch mit einer
Kriegssituation konfrontiert sehen, der nach 1960 geboren wurde, am
allerwenigsten Nach-Wendekinder wie ich es bin – ausgeschlossen sind natürlich
unsere Soldaten, die nicht nur im In- sondern auch im Ausland ihren Einsatz
fürs Vaterland zeigen (was ich übrigens sehr bewundernswert finde, gerade nach
Aussetzung der Wehrpflicht – und kennengelernt habe ich bisher nur vernünftige
deutsche Soldaten, amerikanische dagegen eher völlig durchgeknallte…). Demnach
habt ihr euch auch nie vorgestellt wie viel in zwei oder drei Koffer passt,
drei Koffer, die das ganze Leben in ein komplett fremdes Land mit einer anderen
Sprache und einer anderen Religion tragen sollen. Und das ist nicht nur das
eigene Leben, sondern auch das der Ehefrau/ des Ehemanns (für die ganz
emanzipierten unter euch) mit den 2 bis sagen wir mal 4 oder 5 Kindern,
entweder noch nicht alt genug, um zu verstehen, was eigentlich vor sich geht
oder genau im Schulalter. Und was ist mit den Großeltern? Und den Tanten, den
Onkeln, den Cousins, den Cousinen? Den guten Freunden? Das alles muss zurückgelassen
werden, mit dem vagen Wissen, dass der Bürgerkrieg auch nach der Abreise hier
weitergeht. Stellt euch mal vor, ihr geht mit euren Eltern fort und Tante Inge
bleibt mitsamt Klein-Anna und Mini-Paul hier zurück, weil sie es nicht
geschafft haben, diesen Schritt zu gehen.
Ich finde, es gehört viel Mut dazu, seine Heimat für
ein anderes Land zu verlassen, mit dem ich mich leidlich auskenne, das mir aber
verspricht, dass ich mitsamt meiner Familie dort unterkommen darf. Es ist kein
Weglaufen im eigentlichen Sinne, denn sich der Fremde stellen, der Straße ins
Unbekannte folgen, hat nichts Feiges an sich. Das kann natürlich jeder anders
sehen, aber das ist meine Meinung und deshalb sage ich in diesem Sinne: „Refugees
Welcome!“ Lasst euch von niemanden unterkriegen und gebt den Mut nicht auf,
dass Deutschland nicht nur mit leeren Versprechen aufwartet.