Mittwoch, 21. August 2013

Deutschland, deine Heimatsuchenden....

Ich weiß, ich habe versprochen, mich hier ab jetzt der Literatur zu widmen, aber das muss an dieser Stelle einfach gesagt werden, um meiner Meinung auch mal freien Lauf zu lassen!

Berlin – Hellersdorf. Eine alte Schule, umgenutzt, jetzt ein Asylantenheim für der Heimat entflohene. Menschen aller Herren Länder können Zuflucht erhalten. Sie kommen her, um von den fatalen Geschehnissen, die in ihrer Heimat vonstatten gehen, zu entfliehen. Fliehen in ein Land, das vermeintlich friedlich und offen wirkt, doch vor der Tür lagern Demonstranten. Sie protestieren dagegen, dass „Ausländer“ (ich entwickle immer mehr eine Abneigung gegen das Wort, ihm klingt manchmal diese Wertung an, die mir ehrlich gesagt sehr zuwider ist) sich hier in Deutschland mitten unter ihnen, in der Nachbarschaft niederzulassen und unter ganz normalen, friedlichen Umständen zu leben. Und das soll ihnen natürlich verwehrt werden, weil die Angst besteht, dass DIESE Asylanten zu Gewalt neigen und sich dann an ihren friedliebenden Nachbarn  und ihren Kindern vergehen werden. Angeleiert wird das dann auch noch durch die rechte Szene, die es natürlich für ihre Parolen ausnutzt – sehe ich persönlich nicht ganz so. Sicherlich springt der deutsche Minimalgeist gerne auf nett formulierte Sprüche rein, aber nicht nur, sie sind zum Teil einfach nur zu eingeschränkt in ihrem Denken, um zu erkennen, was es eigentlich für den Menschen bedeutet, der in ein Land zurückkehren muss, das sich von Terror und Bürgerkrieg in den nächsten Monaten nicht mehr erholen wird. Zum Glück stehen diesen Demonstranten noch „Willkommenheißer“ gegenüber, die sich deutlich für die Asylanten aussprechen und ihnen zeigen, dass nicht alle in diesem Staat sie vertreiben wollen. Mit Schildern und Parolen versuchen sie den Vertreibern zu zeigen, dass die mit ihrer Einstellung tunlichst hinterm Berg halten sollen, die hilft hier nämlich niemanden. Das einzige, was sie zeigt, scheint zu sein, dass auf Deutschland nur bedingt Verlass ist, was Versprechen betrifft.

Leute, mal Hand aufs Herz: Habt ihr euch jemals Gedanken gemacht, wie es ist aus der eigenen Heimat fliehen zu müssen, weil weder die Familie noch man selber in Sicherheit ist? Wahrscheinlich nur diejenigen unter euch, die wirklich geflohen sind, und jetzt in Deutschland wohnen. Seien wir doch mal ehrlich, keiner von uns kann sich noch mit einer Kriegssituation konfrontiert sehen, der nach 1960 geboren wurde, am allerwenigsten Nach-Wendekinder wie ich es bin – ausgeschlossen sind natürlich unsere Soldaten, die nicht nur im In- sondern auch im Ausland ihren Einsatz fürs Vaterland zeigen (was ich übrigens sehr bewundernswert finde, gerade nach Aussetzung der Wehrpflicht – und kennengelernt habe ich bisher nur vernünftige deutsche Soldaten, amerikanische dagegen eher völlig durchgeknallte…). Demnach habt ihr euch auch nie vorgestellt wie viel in zwei oder drei Koffer passt, drei Koffer, die das ganze Leben in ein komplett fremdes Land mit einer anderen Sprache und einer anderen Religion tragen sollen. Und das ist nicht nur das eigene Leben, sondern auch das der Ehefrau/ des Ehemanns (für die ganz emanzipierten unter euch) mit den 2 bis sagen wir mal 4 oder 5 Kindern, entweder noch nicht alt genug, um zu verstehen, was eigentlich vor sich geht oder genau im Schulalter. Und was ist mit den Großeltern? Und den Tanten, den Onkeln, den Cousins, den Cousinen? Den guten Freunden? Das alles muss zurückgelassen werden, mit dem vagen Wissen, dass der Bürgerkrieg auch nach der Abreise hier weitergeht. Stellt euch mal vor, ihr geht mit euren Eltern fort und Tante Inge bleibt mitsamt Klein-Anna und Mini-Paul hier zurück, weil sie es nicht geschafft haben, diesen Schritt zu gehen.

Ich finde, es gehört viel Mut dazu, seine Heimat für ein anderes Land zu verlassen, mit dem ich mich leidlich auskenne, das mir aber verspricht, dass ich mitsamt meiner Familie dort unterkommen darf. Es ist kein Weglaufen im eigentlichen Sinne, denn sich der Fremde stellen, der Straße ins Unbekannte folgen, hat nichts Feiges an sich. Das kann natürlich jeder anders sehen, aber das ist meine Meinung und deshalb sage ich in diesem Sinne: „Refugees Welcome!“ Lasst euch von niemanden unterkriegen und gebt den Mut nicht auf, dass Deutschland nicht nur mit leeren Versprechen aufwartet. 

Freitag, 9. August 2013

Was du heute kannst besorgen...

Ich bin Studentin und das seit zwei Jahren. In der Heimatstadt geblieben, werde ich trotzdem mit der Farbgewalt der deutschen Sprache attackiert – hier ein bisschen Schwäbisch, dort einen Hauch Fränkisch, minimal auch Platt, die Höchstformen der Berliner und hiesiges Sächsisch. Alles prallt hier aufeinander, ich lerne ständig neue Wörter und gebe meine weiter. Es ergibt sich ein Wirrwarr aus allem, was das Land zu bieten hat. Und das ist gut so. Doch manchmal wünsche ich mir die Zeiten zurück, in denen ich keinen vor den Kopf stoße, indem ich sage „Wegen verlangt den Genitiv und nicht den Dativ!“. Bis vor kurzem habe ich immer gedacht, mein Deutsch sei gut und nett, nicht hundertprozentig geschliffen und auch nicht immer ganz sauber – mal ein „t“ bei „nicht“ vergessen oder das „g“ zum „j“ geworden. Doch letztens hat mir ein Kommilitone tatsächlich an den Kopf geworfen, ich spräche das schlechteste Deutsch im ganzen Land, weil ich eben von hier komme.
Als Mensch mit Prinzipien, der Kritik eigentlich gern entgegensieht, hätte ich nicht viel darauf gegeben. Nun. Als überanstrengte Studentin, die zu wenig geschlafen, zu viel gelernt, zu viele Referate und Prüfungen hatte, empfand ich es schlichtweg als bodenlose Frechheit. Betrachte ich das jetzt erneut, muss ich sagen, es ist und bleibt eine der haltlosesten Aussagen, die ich je gehört habe. Das liegt schlichtweg an ihrem Klichée-Charakter, genauso gut ist jeder Holländer Junky, jeder Amerikaner Cowboy und jeder Deutsche Bayer. Gut, ich muss zugeben, ich verstehe kein Bayrisch oder Schwäbisch, mag es nicht einmal, aber die letzten beiden Jahre haben mich viel toleranter werden lassen, habe sogar Schwaben, Bayern und Franken in meinem engsten Freundeskreis. Jeder benötigt einen Ort, an dem er sich wohlfühlt und das kann sich auch über die Sprache definieren, habt ihr schon einmal beobachtet wie Menschen aufblühen, wenn sie jemanden treffen, der aus der gleichen Ecke des Landes kommt? Oder wenn Schwaben oder Sachsen oder Hessen nervös werden? Klar, sie verfallen in ihren Dialekt, weil das etwas ist, das Halt geben kann. Zumindest ein klein wenig…wenn man mit etwas Derartigem aufgewachsen ist und nicht wie ich mit zugezogenen Eltern eine Mischung aus Schlesischem Deutsch, Sächsisch und einem ganz eigenartigen Sachsen-Anhaltinisch spricht. Da hat man nur das Hochdeutsche als Heimatsprache, denn alles andere möchte keiner hören.

Trotz dieser Tatsache bleibt jedoch die Problematik, dass immer weniger Menschen in Deutschland ordentlich lesen und schreiben können, von der Grammatik einmal abgesehen, beginnt es schon mit einfachen Rechtschreibübungen. Das liegt nicht zuletzt an unserem zerhackstückelten Ich-möchte-nicht-vereinheitlicht-werden-Bildungssystem, ich weiß, es ist ein leidiges Thema, aber sollte sich nicht schleunigst etwas ändern, und zwar grundlegend und DAUERHAFT (d.h. dass wir nicht alle vier Jahre eine neue Bildungspolitik bauen, weil das unser einfachstes Thema im Wahlkampf ist) wandeln, sehe ich persönlich schwarz für unsere Sprache. Dialekte sind kein Problem der Sprache, das hat jeder Staat; jedes Bundesland/ jeder Bezirk/ jeder Kanton usw. hat eine eigene Sprachfärbung. Aber eine Rechtschreibung und ein Grammatik, das haben wir alle gemeinsam und die sollte uns auch erhalten bleiben. Ich bin damals ehrlich gesagt sehr überrascht gewesen, als ich lesen durfte, dass Kinder das Schreiben über ihr Hören lernen. Es werden keine einfachen Sätze mit kleinen Bildchen mehr gebildet wie „Mama ist im Haus.“ oder „Oma mag Mimi.“ Das Lernen erfolgt über die eigene Wahrnehmung, klingt zunächst einmal ganz gut. Aber was bitteschön ist denn ein „Vata“? Ja, klar – das „r“ im Wort „Vater“ verschluckt man ab und an, deshalb schreiben Siebenjährige es auch nicht mit. Nur, was passiert, wenn sie in zehn Jahren immer noch Postkarten von Malediven an ihre „währten Härn Vata“ schreiben?
Aus diesem Grund habe ich beschlossen, meine eigene Kampagne der deutschen Sprache zu starten – ich lese und rezensiere (nicht zuletzt, um hier ein wenig Stimmung rein zu bringen). Zunächst werde ich Bücher aus meinem eigenen Bestand nehmen und hier einstellen, das kann eine geraume Zeit beanspruchen, aber ich bin auch gewillt, Wunschbücher von anderen zu lesen und zu rezensieren, wenngleich ich mir je nach Lust und Laune auch das Recht herausnehme, Bücher abzulehnen, weil sie meinem Lesegeschmack nicht entsprechen und ich ehrlich gesagt auch nicht von Anfang an mit einem negativen Bild an die Sache treten möchte. Es werden auch nicht nur deutsche Werke hier ihren Platz finden, nur um es direkt vorweg zu sagen, auch englische oder französische Bücher können hier hoffentlich bald begutachtet werden.

Ich möchte die deutsche Sprache hochleben lassen, die Sprache der Dichter und Denker, die oftmals so hart klingt und dennoch viel ausdrücken kann. Denkt nur mal an all die Wörter der Bewegung: „Laufen, gehen, hüpfen, springen, tänzeln, schleichen, schlurfen, rennen, hasten, rasen, wackeln….“ Das hat nicht den Hintergrund eines unnötigen Patriotismus', denn für Derartiges bin ich nicht veranlagt, aber es ist schließlich unsere Muttersprache und die können letztlich nur wir selbst uns nehmen oder nehmen lassen, indem wir sie verkommen oder uns austreiben lassen.