Mittwoch, 25. September 2013

Kinogänger ahoi - Feuchtgebiete!


Regisseur:          David F. Wnendt
Mitwirkende:   Carla Juri, Meret Becker, Axel Milberg, Marlen Kruse, Edgar Selge, Christopher Letkowski
Sprache:              Deutsch
Filmlänge:           109 Minuten
DVD (Veröffentlichungsdatum): voraussichtlich 31. Januar 2014
DVD-Preis:         14,99€
Blu-ray-Preis:    18,99€

Art des Schauens: Kinoaufführung im Cinemaxx (17.09.2013)
Preis: 6€ pro Person (Loge, Kinodienstag, Studentenermäßigung)

Filmbeschreibung:
Filmplakat (Quelle: moviepilot.de)
„Helen Memel ist eine sehr „unmädchenhafte“ 18-Jährige, die immer ausspricht, was ihr in den Sinn kommt und die reihenweise gesellschaftliche Tabus bricht – besonders jene sexueller Art. Hygiene ist für sie ein Fremdwort. Trotz ihrer ungewöhnlichen Art wünscht sich Helen nichts sehnlicher, als dass ihre geschiedenen Eltern wieder zusammenfinden. Diese sind einer Wiedervereinigung jedoch eher wenig zugeneigt und so bleibt Helen nur ihre beste Freundin Corinna, mit der sie durch dick und dünn geht und immer wieder unkonventionelle Sachen ausprobiert. Eines Tages verletzt sich Helen bei einer Intimrasur und muss daraufhin ins Krankenhaus. Schon bald steht im Hospital alles Kopf, denn mit ihrer Art erregt Helen immer wieder die Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen und sorgt für Irritationen. Das betrifft den Chefarzt Professor Notz  genauso wie den jungen Krankenpfleger Robin. Der hat es Helen angetan und sie verdreht ihm schon bald gehörig den Kopf.“ (Angabe von filmstarts, siehe Permalink unten)

Die Handlung:
Mit ihren 18 Jahren stellt Helen nicht nur die Menschen in ihrem Umfeld verrückt, sondern beansprucht ihren Körper hinsichtlich ihrer sexuellen und hygienischen Experimentierfreudigekeit. Die Ansichten der modernen Schönheitsideale befolgend, rasiert sie sich den gesamten Körper, wodurch sie sich eine Analfissur zuzieht und ins Krankenhaus muss. Unglücklicherweise ist diese durch ihre langjährigen Hämorrhoiden komplizierter als erwartet, es kommt zur Operation und Helen muss vorerst in der Klinik bleiben – deren Personal sie natürlich in den Wahnsinn treibt. Gleichzeitig versucht sie ihre geschiedenen Eltern wieder zusammen zu bringen, indem sie sie in denselben Zeiträumen ins Krankenhaus bestellt. Der Pfleger Robin widmet sich währenddessen pflichtbewusst der schwierigen Patienten, die ihm gegenüber nicht selten anzüglich wird, was auch dessen Ex-Freundin Valerie nicht entgeht.
Sie denkt zwischenzeitlich an Ereignisse zurück, die sie mit ihren Eltern oder ihrer besten Freundin erlebt hat, wie ihre Mutter sie beispielsweise absichtlich nicht auffängt, sondern zu Boden stürzen lässt, als sie acht Jahre alt war. Oder wie sie mit Corinna bricht, die plötzlich schwanger ist und ihre Aufmerksamkeit voll und ganz darauf richtet, statt auf ihre Freundin. Ihr Plan, die Eltern wieder zu einen, droht zu scheitern, gleichzeitig nähert sich ihr Krankenhausaufenthalt dem Ende. Es gibt für sie nur eine Möglichkeit, sie muss ihre Wunde erneut zu belasten – sie verstümmelt sich selbst und endet in einer Not-OP.

Meine Meinung:

Eigentlich hatten wir uns entschieden, diesen Film nicht zu schauen, denn die Photos in der Filmausgabe des Buches waren reichlich verstörend. Allerdings habe ich danach den Fehler begangen, einer Freundin den Gang ins Fußballstadion abzusagen und das führte letztlich dazu, dass ich zwei Kinokarten für den Film „Feuchtgebiete“ erworben habe. Ich persönlich saß dann kurz vor Werbebeginn in dem Saal und habe mich gefragt, weshalb ich mir das antue. Fakt war jedenfalls – und das zum Glück –, dass wir nicht die einzigen Zuschauer waren, relativ viele Damen und auch Herren haben sich ebenfalls das Vergnügen nicht nehmen lassen, dieses Spektakel zu erleben. Und lustig, wie die Welt eben auch ist, haben auch die Männer öfter laut aufgerufen, sodass der Film zumindest beide Geschlechter in irgendeiner Weise berührt hat. Und genau das scheint das Ziel gewesen zu sein: Wie Helen selber bei jedem Aufmerksamkeit erregen will, mit welchen Mitteln auch immer. Sie bricht Tabus. David Wnendt bringt das auf die Leinwand. Klingt simpel, hat es aber in sich, denn für jene, die der Hygiene zugeneigt sind, ist dieser Film eine Anstrengung. Bereits zu Beginn des Streifens sollte man diesen Sinn abstellen, denn Helen begibt sich nur zu gern auf öffentliche Toiletten und fordert dort ihre Intimflora heraus. Auch später treten derartige Szenen immer wieder auf, als sie beispielsweise ihren benutzten Tampon gegen den ihrer Freundin Corinna tauscht, oder sich die beiden das Mensisblut ins Gesicht schmieren. Man empfindet den Film hindurch vor allem Ekel, weil dieser Umgang mit sich selbst und dem Körper schier unreal erscheint. Anders ist es bei der Scham, denn die tritt eigentlich nicht zutage. Seien wir ehrlich, das Masturbieren mit Gemüse ist für keinen mehr etwas Neues, dahingehend sind wir bereits desensibilisiert. Wer weiß, vielleicht werden die anderen Praktiken und Verhaltensweisen ja eines Tages ähnlich akzeptiert….
Tendenziell muss ich sagen, dass der Film alles in allem wenig Essenz hat, es geht vorderrangig um Helen, die sich schwer verletzt und im Krankenhaus landet. Dort verliebt sie sich in den Pfleger Robin, der ihr indirekt bei dem Versuch hilft ihre Eltern wieder zusammen zu bringen. Zutage tritt letztendlich, dass sie all die Jahre eine Erinnerung verdrängt hat, die ein Trauma offenbart, das sie ihrer Mutter zu verdanken hat. Diese wollte sich gemeinsam mit Helens Bruder umbringen, als dieser noch im Säuglingsalter war, in der Folge ließen sich die Eltern scheiden. Dass Helen nach deren Aufmerksamkeit heischt, bemerkt man bereits relativ früh, wodurch sich zahlreiche kleine, brisante Situationen ergeben. Dennoch gehen die Konflikte in dem Film ein wenig unter, man ist viel zu sehr von den Dingen abgelenkt, die sie – in Rückblenden – erlebt  bzw. sich selber zufügt, zu guter Letzt verstümmelt sie sich so weit, dass sie sich schwer in der Analregion blutend einer Notoperation hingeben muss.
Angenehm hingegen war die Besetzung des Filmes, denn sowohl Carla Juri als auch Christopher Letkowski kommen in den jeweiligen Rollen wunderbar zur Geltung. Helen wird quirlig, widerspenstig und eigensinnig dargestellt, während Robin eher der ruhige Musiker ist, der durch sie oft an seine Grenzen gerät. Beide vollführen meiner Ansicht nach eine gelungene Umsetzung der Hauptfiguren, aufgrund der verschiedenartigen Charaktere kommt tatsächlich eine Wechselwirkung zustande, die sich als der Haupthandlung zuträglich erwiesen hat.
Abschließend bleibt lediglich zu sagen, dass „Feuchtgebiete“ ein Film mit guter Besetzung, gefühlsgeladenen und ekelerregenden Momenten sowie einem insgesamt eher mittelmäßigen Sujet aufwartet. Einmal anschauen ist sicherlich möglich, ein zweites Mal würde ich jedoch ablehnen. Aus persönlichem Interesse kann ich diesen Streifen dennoch nicht empfehlen, sicherlich hat er ein Gefühlschaos erwirkt, aber mir fehlte die Quintessenz, es mangelte insgesamt an Neuheiten in Sachen Sujet. Das haben wir alles schon gesehen, wenn man den Ekelfaktor mal außer Acht lässt – und den können wir uns getrost ersparen.

Demnächst wird auf der Leinwand übrigens  „Schoßgebete“, ein weiteres Werk aus der Feder Charlotte Roches, zu sehen sein, ich denke allerdings noch nicht darüber nach, ob wir hier eine Rezension dazu finden werden…


http://www.filmstarts.de/kritiken/215110.html

Freitag, 20. September 2013

Rezension Zwei Punkt Null: If I stay


Autor: Gayle Forman
Umfang: ca. 230 Seiten
Sprache: Englisch (auch erhältlich auf Deutsch: „Wenn ich bleibe“)
Format: Kindle e-Book             Paperback          Deutsch (Paperback)
Preis:    4,93€                           28, 96€                8,99€
Klappentext:
„On a day that started like any other….
Mia had everything: a loving family, a gorgeous, adoring boyfriend, and a bright future full of music a
Originalcover (Quelle: ncowie.files.wordpress.com)
nd full of choices. Then, in an instant, almost all of that is taken from her. Caught between life and death, between a happy past and an unknowable future, Mia spends one critical day contemplating the only decision she has left – the most important decision she’ll ever make.
Simultaneously tragic and hopeful, this is a romantic, riveting, and ultimately uplifting story about memory, music, living, dying, loving.”

Handlung:
Mia ist 17 Jahre alt, führt ein Bilderbuchleben mit einer verdrehten, aber liebenswürdigen Familie, einem verständnisvollen Freund und steht an einer Schwelle in ihrem Leben, an der sie sich entscheiden muss. Aufgrund ihres Talents sind ihr als Cellistin die Pforten zur renommierten Juillard School weit geöffnet, dennoch ist es ein weiter Weg von Oregon nach New York, noch dazu getrennt von Adam, ihrem Freund, und nicht zuletzt auch ihren Eltern. Viel Zeit bleibt ihr für diese Entscheidung jedoch nicht, denn in New York gibt es niemanden, der sie erwartet, schließlich muss sie sich um eine Unterkunft, die Finanzierung sowie die Eingewöhnung in die Großstadt kümmern.
Bevor jedoch all dies auf sie einbricht, gerät sie mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Teddy in einen schweren Verkehrsunfall – mit Todesfolge. Sie überlebt als einzige der Familie dieses Ereignis.
Nun beginnt für Mia eine Zerreißprobe, denn in einer Nahtoderfahrung erlebt sie mit, wie ihre Verwandten und ihre Freunde, allen voran die Großeltern und Adam, mit der Nachricht versuchen umzugehen und wie sie um ihr Leben bangen.
Allmählich versteht, dass nur sie allein entscheiden kann, ob sie bleiben und sich dem Leben ohne eine Familie widmen möchte oder ob sie nicht doch gehen soll.

Meine Meinung:
Eher zufällig habe ich „If I stay“ beim Stöbern nach englischsprachiger Literatur entdeckt, habe mir den Inhalt durchgelesen, wobei ich dachte, dass es wohl eine relativ einseitige Lektüre würde. Nach kurzem Zögern wurde es dann doch heruntergeladen und nach noch kürzerer Eingewöhnung förmlich verschlungen, wobei ich feststellen durfte, dass meine Erwartungen bezüglich der Einfachheit des Sujets zunichte gemacht worden. Diesen Roman kann ich jedem empfehlen, der eine angenehme und zugleich bewegende Atmosphäre wertschätzt, denn eben diese ist wunderbar hervorgehoben. Man bekommt ein Gefühl für Mia, für die Schwere ihrer Entscheidung und nicht zuletzt auch für ihre Vergangenheit, schließlich scheut sich Forman nicht, Rückblenden zu nutzen. Vielmehr flechtet sie diese an gegebener Stelle ein, um vor allem auch die familiären Verhältnisse deutlich zu machen und zu zeigen, dass sie aus ihrer Familie doch ein wenig herausfällt. Wenngleich die Eltern und Teddy ebenfalls für die Musik leben, ist Mia doch die Einzige, die sich ausgiebig der Klassik widmet. Auch ihr Aussehen scheint nicht wirklich zu dem der anderen zu passen, Teddy sieht immerhin aus wie eine Mischung beider Elternteile, während sie selbst sich anstrengen muss, auch nur einen Hauch Ähnlichkeit zwischen sich und ihrer Mutter oder ihrem Vater zu erkennen. All diese Kleinigkeiten werden dem Leser portionsweise dargelegt, nicht zu viel, sondern gerade genug, dass das Bild
Autorin Gayle Forman (Quelle: hollywoodreporter.com)
dieser Familie entstehen kann.
Besonders wichtig für die Wirkung dieses Romans ist die Perspektive der Ich-Erzählerin Mia, die diese Geschichte sehr subjektiv macht, dem Leser dadurch aber auch besser zugänglich wird. Selbstverständlich kann sich der Beobachter auch in die Position der Eltern oder in die Adams hineinversetzen, dennoch bleibt es bei dieser Form des Schreibens generell das Problem, dass lediglich die Gedanken einer Person offenliegen. Das ist nicht immer der Fall, denken wir beispielsweise an die „Bartimäus“-Bände oder an „Beim Leben meiner Schwester“, in denen ein häufiger Perpektivenwechsel vonstatten läuft. In unserem Fall ist diese Art der Herangehensweise wohl auch die einzige, die möglich gewesen wäre, um das Ausmaß dieser Entscheidung zu verdeutlichen.
Um meinen Wortschatz im Englischen ein wenig aufzufrischen, bin ich mittlerweile dazu übergegangen, mir vermehrt derartige Bücher zu Gemüte zu führen. Im vorliegenden Buch bedient sich Gayle Forman einer einfachen Sprache, die für die Perspektive eines Jugendlichen sicherlich angemessen ist. Der Lesefluss wird auch nur selten durch Fachbegriffe gestört, die jedoch auftreten müssen, schließlich müssen Vokabeln der Medizin und der Musik mit eingebracht werden, betrachtet man das Sujet. In die deutsche Version habe ich leider nicht hineingelesen, weshalb ich an dieser Stelle auch kein Feedback bezüglich der Übersetzungsqualität geben kann.
Alles in allem lässt sich sagen, dass es ein Roman über die Zerrissenheit eines jungen Menschens ist, der sich nicht nur für oder gegen das Leben entscheiden muss, das ist sicherlich der größere Aspekt in dem Werk. Allein die Möglichkeit auf die Juillard School zu gehen birgt ein großes Konfliktpotential, das von Forman auch rege ausgenutzt wird. „If I stay“ ist definitiv kein einfacher Kitschroman, sondern ein Buch, das berührt und dem Leser auch Emotionen entlockt, denn Mia erinnert sich schmerzlich an die „guten“ Zeiten mit ihrer Familie, wohlwissend, dass diese vorbei sind. Ans Herz legen möchte ich es eigentlich jeden, aber da bekanntlich nicht jeder begeisterter Leser von Romanen dieser Art ist, kann ich nur mit auf dem Weg geben, dass man durch diese Geschichte ins Grübeln kommt über so manche Dinge im Leben.

Auch hierfür gibt es einen zweiten Teil, der das Ganze aus Adams Perspektive erzählt, gelesen ist er auch schon, doch wie bei Reckless möchte ich auch anderen Büchern an dieser Stelle den Vortritt geben, nicht zuletzt, weil ich auch keine Spoiler einwerfen und jemanden den Spaß am Buch nehmen möchte.

Dienstag, 10. September 2013

Rezension, Klappe die Erste: Reckless - Steinernes Fleisch

Autor: Cornelia Funke
Umfang: 347 Seiten
Sprache: Deutsch (Original)
Format:               Hardcover                          E-Book
Preis:                    19,95€                                  15,99€
Klappentext hinten:
„Es waren einmal hinter dem Spiegel in einer Welt voller Zauber und Gefahren zwei Brüder, von denen der eine auszog, den anderen zu retten.
Beeil dich Jacob Reckless, der Stein wächst schnell!“
Originalcover des Buches (Quelle: amazon)

Klappentext innen:
„Jacob Reckless hat einen Fehler gemacht nach all den Jahren der Vorsicht: Sein Bruder Will ist ihm hinter den Spiegel gefolgt. In eine Welt, in der die dunkelsten Märchen wahr sind und der Fluch einer Fee Steinernes Fleisch sät.
Viele Jahre lang hat diese Welt für Jacob Zuflucht und Zuhause bedeutet, und er hat als Schatzjäger für Kaiser und Könige die magischen Dinge gesucht, die sich in ihren Wäldern und Hügeln verbergen.
Aber als Wills Haut sich in Jade verwandelt, muss Jacob nur noch eine finden: die Medizin, die seinen Bruder rettet.“

Die Handlung:
Jacob Reckless entdeckt, nachdem sein Vater bereits seit einem Jahr verschwunden ist, dass der Spiegel in dessen Arbeitszimmer ein Portal in eine andere Welt ist. Eine Welt, die einige Geheimnisse und Abenteuer für ihn bereithält, in der er seinen Vater zu finden gedenkt. Im Laufe der Zeit lebt er mehr in der Spiegelwelt als in der hiesigen. Als Schatzsucher und Abenteurer, vor allem als Einzelgänger, mit Ausnahme von Fuchs, die ihm mit ihren Instinkten tatkräftig zur Seite steht. Ein Leben, das wie für ihn gemacht ist, nur er und seine tierische Begleiterin, bis ihm eines Tages sein jüngerer Bruder Will durch den Spiegel folgt und dort von einem Goyl verletzt wird. Ein Fluch der Dunklen Fee, der sich durch seinen Körper frisst, die weiche Haut in Stein verwandelt und er langsam selbst zum Steinmenschen wird.
Für Jacob beginnt damit ein Rennen gegen die Zeit, möchte er doch die Verwandlung seines eigenen Bruders verhindern, erschwerend tritt hinzu, dass Will Jade unter der Haut wächst, ein Goyl dieses Steins hingegen ist unter seinen Artgenossen eine Legende. Für den König der Steinmenschen ist er bedeutsam genug, dass er seinen engsten Vertrauten damit beauftragt, eben diesen speziellen Goyl zu seinem Herrscher zu geleiten. Neben der Zeit, die ihm durch die Finger rinnt, erscheint eben jener als ein Feind, den Jacob mit seinem Bruder, dessen Geliebter Clara und Fuchs umgehen muss, ihnen zur Seite steht lediglich ein Zwerg, der sie bis in die unterirdischen Städte der Goyl führt.
Die Autorin Cornelia Funke (Quelle: fantasy-fans.de)

Mein Senf:
Durch meine Schwester habe ich ziemlich viele der Bücher von Cornelia Funke gelesen, angefangen mit den „Wilden Hühnern“ bis hin zum „Herrn der Diebe“ – das ging bis zur Tintenherz-Reihe auch gut, an der bin ich jedoch kläglich gescheitert, soll heißen, dass ich satte vier oder fünf Kapitel geschafft habe. Aus diesem Grund habe ich mich auch an „Reckless – Steinernes Fleisch“ nicht herangetraut, als ein guter Freund mir jedoch letztens erzählte, er lese es selber im Moment, da hat es mich dann doch gereizt. Und ich kann nur froh sein, dass ich es getan habe, denn das Buch hat mich ziemlich beeindruckt.
Betrachtet man den äußeren Klappentext, so erfährt man lediglich von der Welt hinter dem Spiegel sowie den zwei Brüdern, einer, der vom anderen gerettet werden muss. Tendenziell sind das keine neuen Ideen und der Text ist auch relativ wenig aussagekräftig, wohl auch einer der Gründe, weshalb ich es bisher nicht gelesen hatte. Die Umsetzung jedoch hat es in sich, denn es handelt sich nicht um einen gängigen Fantasy-Roman, wie wir ihn kennen, wenn wir an „Der Kleine Hobbit“, „Die Alchimistin“ oder die Scheibenweltgeschichten denken, viel mehr ist es selber ein großes Märchen, das viele kleine aufnimmt und verbindet. Wahrscheinlich trägt das nicht unwesentlich dazu bei, dass es sich so sehr flüssig lesen lässt, denn jeder, der in Kindertagen die Märchen der Gebrüder Grimm erzählt bekommen hat, findet etwas wieder. Ein Tischleindeckdich, ein Rapunzelhaar, ein paar Siebenmeilensteine, ein goldener Ball. Angenehm daran ist vor allem, dass diese kleinen „Artefakte“ Geheimnisse bergen, die nur Stück für Stück entrollt und dem Leser eröffnet werden, Kleinigkeiten, die so in den ursprünglichen Märchen nicht vorkommen.
Als positiv zu bewerten sind, neben dem recht eigentümlichen Charakter des Buches, die Figuren, die in der Erzählung auftreten, schließlich sind sie alle nicht rein böse oder gut, es ist kein Schwarz-Weiß-Denken vorhanden. Relativ problemlos kann man sich dadurch in jede von ihnen hineinversetzen, ein Punkt, der einen ganz schnell in Konflikte mit den Entscheidungen im Buch bringen kann. Man wird auf gewisse Weise gezwungen, sich mit diesen Personen und deren Situationen auseinanderzusetzen. Sicherlich muss das von Funke nicht beabsichtigt gewesen sein, dennoch sei es an dieser Stelle noch einmal hervorzuheben. Ein Manko in dieser Diskussion könnte sein, dass manche Konflikte nur angerissen werden, aber ich hoffe doch, dass in den Folgebänden, fünf sollen es wohl insgesamt werden, einige Konfrontationen erneut aufgegriffen und vertieft werden.
Ein sehr schönes Spielchen sind neben den Märchen übrigens die Namen der beiden Brüder, denn Jacob und Will Reckless erinnern doch schon sehr an Jacob und Wilhelm Grimm.
Sprachlich gesehen, ist „Reckless – Steinernes“ keine Wortgewalt im Sinne epischer Formulierungen oder ausgefallener Wörter, sondern ein simpel gehaltenes Märchen, was dem sehr zuträglich ist. Zumal ein Jugendbuch auch kein Fremdwortwälzer à la Carte sein muss, sondern mitreißen und begeistern muss.
Zusammenfassend handelt es sich bei dem Roman Cornelia Funkes um eine solide Geschichte, die vor allem durch die Details aus diversen Märchen besticht. Mithilfe der speziellen Fähigkeiten, die einige Artefakte besitzen, wird die Geschichte kaum vorhersehbar und die Spannung kann gehalten werden. Das Buch hat mich überzeugt und mir persönlich sehr viel Freude gemacht, sodass ich sorglos an jeden weiterempfehlen kann, der dem Genre des Märchens zugetan ist.

Der zweite Teil wartet bereits im Regal meiner Schwester, wird jedoch noch eine Weile warten müssen, denn hier liegen noch jede Menge weitere Bücher, die nur darauf warten gelesen zu werden!

http://www.funke-reckless.de/